Abschrift!! Tippfehler vorbehalten


3 0 3555/00

Verkündet am 19. April 2001

Landgericht Krefeld
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

der Umweltkontor Windkraft GmbH & Co. Windkraftanlagen Nettetal Nr 1 KG,
ges. vertreten durch die Windkraft GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführerin Margot Noethlichs, Rheinstraße 9, 41836 Hückelhoven,

Klägerin

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Kapellmann und Partner, Rheinbachstraße 30-32, 41063 Mönchengladbach,

g e g e n

die Stadtwerke Nettetal GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer Erwin Dickmann und Peter Ottmann, Leuther Straße 25, 41334 Nettetal

Beklagte

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Pokorny und Partner, Wilhelmshofallee 79-81, 47800 Krefeld

hat die 3. Zivilkammer des Landgerichtes Krefeld auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Rungelrath, den Richter am Landgericht Schwan und den Richter Brand

für  R e c h t  erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, den gesamten von der Klägerin mittels ihrer Windkraftanlage DeWind 46 in Nettetal- Oirlich angebotenen Strom (mit einer Nennleistung von 600 kVA) abzunehmen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 232.027,99 DM nebst 4% Zinsen seit dem 25. September 2000 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch in der Zukunft den gesamten von ihr angebotenen, nicht abgenommen Strom aus der Windkraftanlage zu vergüten.

Die Kosten des Rechtstreites hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 300.000,- DM vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in Nettetal Oirlich eine Windkraftanlage, mit der sie elektrische Energie erzeugt. Diese Anlage liegt an einem dünn besiedelten Außenbezirk des von der Beklagten betriebenen Stromnetzes (...)

Mit Vertrag vom 19./27. November 1997 haben die Parteien sich dahin geeinigt, dass die Klägerin der Beklagten "die gesamte in der Eigenanlage erzeugte elektrische, Energie" liefert, soweit "diese seinen zeitgleichen Bedarf an elektrischer Energie für die Abnahmestelle übersteigt (2.1 des Vertrages Bl. 13). Die Abnahmestelle sollte an einen geeigneten Anschlusspunk an das Netz der Beklagten angeschlossen und von der Beklagten bestimmt werden (4 Abs. 1 des Vertrages) Da die Klägerin eine Einspeisung in der Nähe ihrer Anlage verlangte und die Beklagte eine Einspeisung (in) einen davon weit entfernt liegenden Anschlusspunkt wünschte, wurde die Clearingstelle des Wirtschaftsministeriums NRW. angerufen, die den Anschluss der Windkraftanlage der Klägerin in Nettetal-Oirlich festlegte. Dies hat die Beklagte dann auch akzeptiert.

Auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens einigten die Parteien sich auf eine Übertragungsleistung für, die Einspeisung, von max. 600 kVA. Auf eine Leistungsbegrenzung der Windenergieanlage (WEA), wurde verzichtet wenn die Spannungsregelung der WEA auf einen oberen Grenzwert von 10,5 kV eingestellt und der Spannungssteigerungsschutz, bei einer Überschreitung des eingestellten Grenzwertes von 10,55 kV zur unverzögerten Auslösung des Leistungsschalters der einspeisenden Anlage führt (4 Abs 4 des Vertrages)

Mit Wirkung vom l. Mai 2000 gilt das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) Aufgrund § 2 dieses Gesetzes sind Netzbetreiber verpflichtet, Strom von WEA's vorrangig abzunehmen und zu vergüten

Nach dem Anschluss der WEA der Klägerin an das Stromnetz der Beklagten kam es häufiger zu Abschaltungen der WEA der Klägerin, weil Überspannungen in dem Stromnetz der Beklagten auftraten, die auch durch die Stromeinspeisung der WEA der Klägerin verursacht wurden (Gutachten Prof. Möller Bl. 50).

Das beruht darauf, dass die Beklagte einen Transformator mit einem "oberspannungsseitigen" Stufenschalter mit Stufen a ca. 156V betreibt, der die Spannung der im Netzbereich befindlichen 10 kV-Leitung begrenzt. Diese Leitung versorgt über einen Umformer und über die 0,4 kV-Ortsnetz- und Kundenstationen die Kunden (Haushalte, Kleingewerbe, Landwirtschaftliche Betriebe). Eine Begrenzung ist erforderlich, um die Geräte der Kunden vor einer Überspannung von maximal 6% zu schützen.

Deshalb kann das Netz der Beklagten nicht den gesamten angebotenen Strom der Klägerin zu jeder Zeit aufnehmen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Abnahmepflicht der Beklagten unmittelbar aus Gesetz über die erneuerbaren Energien (EEG) ergibt. Sie behauptet, durch die Nichtabnahme des Angebotenen Stromes seien ihr in dem Zeitraum 1998 bis Juni 2000 insgesamt 232.027,99 DM an Erträgen aus der Windkraftanlage entgangen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

  1. den gesamten ihr mittels ihrer Windkraftanlage De Wind 46 in Nettetal-Oirlich angebotenen Strom (mit einer Nennleistung von 600 kVA) abzunehmen.
    hilfsweise
    ihr allgemeines (Strom-)Versorgungsnetz in einer Weise auszubauen, die die vorrangige Abnahme des durch ihre Windkraftanlage (sog. Eigenanlage mit einer Nennleistung von 600 kVA eingespeisten Stroms zu jeder Zeit ermöglicht,

  2. an sie 232.027,99 DM nebst 4% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen,

  3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr auch den gesamten weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr in Zukunft durch die nur eingeschränkte Abnahme des von ihr eingespeisten Stromes entsteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin habe auf ein dem geografisch nächstliegenden Anknüpfungspunkt ihrer Anlage an die 10 kV-Leitung bestanden. Gegen ihren Rat habe die Klägerin eine Asynchronanlage ausgewählt. Durch den Vertrag sei eine Garantie, dass diese Anlage gemäß dem technischen Potential zur Stromerzeugung in das Netz der Beklagten oder gar in den von der Klägerin gewählten Verknüpfungspunkt einspeisen kann, nicht gegeben. Mit der Bestimmung einer maximalen Übertragungsleistung in dem Vertrag sei keine Aussage verbunden, dass eine mindere Übertragungsleistung dauerhaft möglich sei. Sie habe aber ihre Pflichten aus dem damals gültigen Energieeinspeisungsgesetz erfüllt aber nicht das kommerzielle Risiko der Klägerin übernommen. Da die Klägerin in Kenntnis der Umstände den Einspeisungspunkt gefordert und durchgesetzt habe, trage sie das damit verbundene Risiko. Die Ursache dafür, dass die Klägerin nicht einspeisen könne; liege darin, dass die Klägerin die von .der Clearingsstelle empfohlene und in dem Vertrag festgeschriebene anlagenseitigen Voraussetzungen nicht erfüllt habe: Der Spannungssteigerungschutz gebe die Einspeisung für 65% der Zeit frei. und blockiere ihn für ca. 35% . Das Netz könne nicht das potenzielle Maximum aufnehmen was die WEA, windabhängig unregelmäßig produziere.

Die Klägerin habe auch keinen .Anspruch auf einen bestimmten Einspeisungspunkt und nicht auf Veränderungen, der Verhältnisse an dem nächstgelegenen.

Sie treffe kein Verschulden daran, dass die von der Klägerin erzeugte Energie nicht im vollen Umfang eingespeist werden könne. Die Klägerin sei ihrer Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet

I. Anspruch auf Abnahme des angebotenen Stroms

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abnahme des mittels ihrer Windkraftanlage angebotenen Stroms.

Das folgt aus, den § 3 Abs. 1 EEG. Danach ist der Netzbetreiber verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom nach § 2 EEG an ihr Netz anzuschließen, den gesamten angebotenen Strom aus diesen Anlagen vorrangig abzunehmen und den gesamten Strom nach den §§ 4 bis 8 EEG zu vergüten.

Die Klägerin betreibt eine Anlage, die mit Windkraft Strom erzeugt und die daher unter 2 Abs. 1 EEG, fällt. Abnahmepflichtig ist der Netzbetreiber, .zu dessen technisch für die Aufnahme geeigneten Netz die kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage besteht. (§ 3 Abs. 1. Satz 2 EEG) Unstreitig liegt die WEA der Klägerin in kürzester Entfernung, zu dem Stromnetz der Beklagten. Damit, ist diese uneingeschränkt zur Abnahme verpflichtet. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung.

Das Netz der Beklagten ist an der Anschlussstelle auch für die Aufnahme des von der WEA angebotenen Stroms geeignet. In der vertraglich vereinbarten Anschlussstelle sind die technischen Voraussetzungen gegeben, den gesamten von der WEA erzeugten Strom abzunehmen. Der Anspruch auf Abnahme ist gerade nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Abnahme andere Netztechnische Gründe entgegenstehen, wie z.B. die Gefahr einer zu hohen Netzspannung bei dem Endabnehmer. Wenn die Spannungregelung im Netz nicht in der Weise möglich ist, dass der vorrangig. abzunehmende Strom jederzeit eingespeist werden kann, .ergibt sich aus dem Abnahmeanspruch die Verpflichtung des Netzbetreibers, entsprechende Veränderungen vorzunehmen. Die Beklagte trägt aber nicht substantiiert vor, dass eine solche Spannungsregelung nicht möglich ist. Insbesondere gibt sie nicht an, weshalb der Anschluss der WEA durch eine "prioritätengesteuerte Abschaltautomatik" nicht durchgeführt werden kann. § 3 Abs.1 Satz 2 EEG spricht nur von der Eignung zur Aufnahme, die hier an dem Anschlusspunkt vorliegt Eine Eignung des Anschlusspunktes wäre nur unter der Voraussetzung nicht gegeben, dass das Netz hier bereits durch Strom aus erneuerbaren Energien ausgelastet ist: Dies ist aber, nicht der Fall. Die Auslastung des Netzes mit Strom aus nicht erneuerbaren Energien steht dagegen der Eignung nicht entgegen, da sonst der Vorrang dieser Energiequellen unterlaufen werden könnte.

Der gesetzlichen Abnahmepflicht für den gesamten in der WEA erzeugen Strom steht auch, nicht die vertragliche Vereinbarung der Parteien entgegen. Dieser Vertrag kann nicht das gesetzliche Schuldverhältnis, modifizieren. Andernfalls; könnte der vor dem Gesetz bestimmt Vorrang der Abnahme, des Stroms einer WEA durch einen Netzbetreiber unterlaufen werden. Die Abnahmeverpflichtung ergibt sich unmittelbar aus dem, Gesetz und bedarf nicht einer vertraglichen Grundlage. Der Vertrag ist insoweit nur in der Lage, die praktische Abwicklung der Stromeinspeisung, soweit sie sich nicht aus dem Gesetz ergibt, zu regeln (so auch OZG Koblenz NJW 2000, 2032) Er kann jedoch nicht die gesetzliche Abnahmepflicht einschränken.

Aus der gesetzlichen Abnahmepflicht ergibt sich zudem unmittelbar, dass die Beklagte, das Risiko für eine nicht vollständige Abnahme an dem grundsätzlich geeigneten Anschlusspunkt trägt.

Unstreitig nimmt die Beklagte bisher nicht allen von der Klägerin produzierten Strom ab, so dass der Anspruch aus § 3 Abs. l EEG auch nicht erfüllt ist.

II. Zahlungsanspuch

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Vergütung in Höhe von 232.027,99 DM aus § 324 Abs. 1 BGB.

Wie ausgeführt, ist die Beklagte zur Abnahme des gesamten von der Klägerin angebotenen Stroms verpflichtet. Diese Verpflichtung ergibt sich sowohl aus Ziffer 2,2. der vertraglichen Vereinbarung als auch aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis aus § 3 EEG. Diese Abnahme war der Beklagten jedoch zu der Vergangenheit nicht möglich, wei1 die Voraussetzungen für eine Einspeisung in ihr Netz wegen der zu hohen Spannung nicht gegeben war. Dies hat die Beklagte zu vertreten. Wie ebenfalls dargestellt, ergibt sich aus der gesetzlichen Risikoverteilung, dass der Netzbetreiber dafür Sorge zu tragen hat, dass die Einspeisung möglich ist. Diese Voraussetzungen hat die Beklagte nicht erfüllt.

Der zugesprochene Betrag entspricht den prognostizierten Erträgen, die der Klägerin dadurch entgangen. sind, dass der erzeugte Strom nicht vollständig abgenommen und damit auch nicht vergütet wurde. Wenn die Beklagte hierzu vorträgt, dass auch die mangelhafte Anlagentechnik und der fehlende Wind dafür verantwortlich sind, so ist diese Behauptung nicht hinreichend substantiiert. Die von der Klägerin vorgelegte Ertragsrechnung beruht nach ihren Angaben auf der konkret verwendeten Windkraftanlage und einem für jeden Monat unterschiedlichen "Windindex" Hier war es Sache der Beklagten vorzutragen, weshalb diese Berechnung nicht geeignet ist, den Vergütungsanspruch der Klägerin zu beziffern.

Diesem Anspruch kam die Beklagte auch nicht entgegen halten, dass die Klägerin eine Asynchron-Anlage errichtet hat und somit eine ausreichende Blindleistungsregelung nicht möglich ist, die eine unterbrechungsfreie Teileinspeisung ermöglichen würde. Dies hat die Klägerin nicht zu vertreten. Die von der Klägerin errichtete Anlage entspricht der im Vertrag unter Ziffer 1 bezeichneten. Haben die Parteien sich aber auf eine bestimmte Ausführung mit einem Asynchronmotor geeinigt, kann nunmehr der Klägerin nicht vorgehalten werden, dass diese für die Einspeisung in das Netz der Beklagten nicht geeignet ist.

III. Feststellungsanspruch

Die Klägerin hat gegen die Beklagte wie ausgeführt einen Anspruch auf vollständige Abnahme des von ihr erzeugten Stroms durch die Beklagte, der die Beklagte aber nicht nachkommt. Da der Zeitpunkt der vollständigen Abnahme noch ungewiss ist, besteht ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte der Klägerin auch in Zukunft diesen nicht abgenommenen Strom nach § 324 BGB zu vergüten hat.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen, ergeben sich aus den §§ 91, 108, 709 ZPO

Streitwert: 400.000,00 DM

Vors . Richter am LG Schwan Brand
Rungelrath kann we-
gen Urlaubs nicht
unterschreiben.

Schwan

Schwan

Brand

Ausgefertigt

(Heuser, Justizangestellte)
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle


 -  Tippfehler vorbehalten -


Zurück

  Home: Energie-fuer-Nettetal.de Impressum Datenschutzerklärung